Meine Söhne haben schon seit zwei Wochen Ferien und da wir leider nicht richtig wegfahren können (siehe letzter Post) hatte ich überlegt, als Abwechslung zu Schwimmbad- und Ikeabesuchen ein bisschen kreative Beschäftigung anzubieten. Nicht ganz einfach bei fast pubertierenden Jungs, aber der mittlere, fast 11 Jahre alt, hat schon öfter kleine Sachen an der Nähmaschine genäht und war von der Idee ganz angetan. Ein Rucksack sollte es sein! Eine tolle Idee, zumal er morgen mit Oma und Opa an die Ostsee verreist, da ist ein bisschen neues Handgepäck doch immer ganz schick.
Ich habe schon viele Taschen genäht, aber noch nie einen Rucksack. Fest stand gleich, daß ich für ihn gerne "richtige" gepolsterte Träger haben wollte und auch einen irgendwie gepolsterten Rücken. Das Ding sollte schon alltagstauglich sein und nicht zu sehr nach Turnbeutel aussehen, Zeit war ja nicht das Problem, Motivation auch nicht.
Julius wollte einen klassischen Rucksack mit Klappe und Schnallen und möglichst vielen Aussentaschen. Ein bisschen Recherche im Netz und auf Instagram und uns beiden gefiel der Rucksack Isah von der Snaply-Magazinseite sehr gut. Ich finde ihn zwar fast ein bisschen groß für einen 10jährigen, aber Julius wollte unbedingt einen, in dem er viel unterbringt. Damit war die Wahl getroffen. Die Aussentaschen habe ich ein bisschen ignoriert, aber zwei sind es hier immerhin doch und damit ist er zufrieden.
Nach dem Schnittmuster ging es ans Material aussuchen, oben dunkelgrau und unten sollte es Kunstleder in helltürkis sein. Krasse Kombi, aber Bitteschön. Ich hatte Schwarze Gurte und Schnallen gekauft, aber es gab noch olivgrünes Gurtband im Vorrat, das hat ihm besser gefallen und hat auch gereicht. Für die vordere Tasche haben wir dann noch einen olivfarbenen RV besorgt und den sichtbar eingenäht. Oben in der Klappe ist ein schwarzer.
Das Nähen hat gut geklappt und Julius hat wirklich bis auf wenige Nähte alles selbst genäht. Zugegeben, den Zuschnitt wollte ich lieber selbst machen und natürlich habe ich immer gesagt wo er nähen soll usw, aber mit der Nähmaschine kommt er wirklich gut klar, auch Einfädeln durfte ich nicht, dank der aufgedruckten Fadenwege macht das ja sogar Spaß. Und ab und an hat er auch den Nahttrenner bedient. Um die Motivation nicht zu bremsen, habe ich das auch mal übernommen...
Ganz zum Schluss, wenn man dann quasi schon den ganzen Rucksack unter die Nähmaschine zwängen muss, da hat er dann doch kapituliert und mich gebeten weiter zu machen, aber das war dann auch ok, find ich selber ätzend... Als Futter hatte er sich relativ dickes Kunstleder ausgesucht, das war ein Gewurschtel und Geschiebe...!
Das Schnittmuster
hier ist wirklich ganz gut und die Bilderanleitung auch für Anfänger geeignet, vielen Danke an Snaply und DIYEule dafür! Es ist kostenlos.
Ein paar Sachen sind mir dennoch aufgefallen: Beim PDF kann man nicht den Massstab überprüfen, es gibt kein Kontrollkästchen mit 10cm oder so. Dadurch ist es mir leider passiert, daß Klappe und Gurtpolster zu klein geraten sind, da ich vom Handy ausgedruckt habe und da nichts an der Größe einstellen kann. Auf einem Bild bei der Anleitung kann man nach etwas Suchen erkennen, wie groß die Träger etwa sein müssen (das Schnittteil liegt auf deiner Schneidematte mit cm-Einteilung). Da fehlten bei uns dann doch fast 4 cm. Da ich das ein bisschen viel fand, haben wir ein Stück angesetzt und ebenso gepolstert.
Die Klappe ist weiterhin zu klein, da stört es aber nicht so.
Oberhalb des Reissverschlusses geht die Tasche noch reichlich hoch, 17cm sind es da bis zum Kordelzug, das haben wir halbiert und das Stück Aussenstoff einfach umgeklappt.
Nachdem alles fertig war fand ich den Ansatz für die Träger unten am Rucksack zu tief. Jedenfalls knickte der Rucksack unten im Rücken immer ein wenn er angezogen war, und zwar sowohl bei Julius als auch bei mir. Die mussten also höher. Komplett wenden wollte ich den Rucksack nicht noch einmal, also habe ich im Futterboden die Naht geöffnet und nur das untere Stück rausgezogen bis ich an die Ansatzstelle kam.
Und die einfachen Schieber können die Träger-Gurte nicht halten. Nach ein bisschen Überlegen kam ich auf die Idee, Klettband auf den Trägern anzunähen, so lassen sie sich weiterhin verstellen und verrutschen aber nicht. Mein Sammelsurium an alten Taschen- und Täschchen-Zutaten hält sogar Klettband in der passenden Farbe bereit, manchmal bin ich ja selber überrascht *g*
Ausserdem sind die Mengenangaben beim Rucksack seeehr großzügig. Ich glaube, da bekommt man locker zwei draus. Einfaches zusammenrechnen der benötigten Gurtstücke z.B. ergibt 2,55m. Warum brauche ich dann 4m, hmmm. An Aussenstoff (grauer Teil) reicht etwa 60cm laut meiner Berechnung (ohne Gewähr), mit einem Meter kommt man also auf jeden Fall dicke hin. Ich hatte einen Meter bestellt und habe mir für die Reste schon Pläne gemacht.
Alles in allem ein schicker Rucksack und ein schöner Schnitt. Die Teilung mit dem hochgezogenen Boden lässt nette Stoff- und Musterkombinationen zu. Ich würde im Zweifelsfall die Aussenstoffe auch noch verstärken. Die Anleitung sieht Polster am Rücken, am Boden und an den Trägern vor. Eher weiche Stoffe könnten aber noch mehr Verstärkung über die volle Fläche brauchen. Hier hatten wir den Vorteil des supersteifen Futters das für den nötigen Stand sorgt. Ansonsten finde ich den Canvas eher als dünn und das Snaply-Kunstleder ist auch ziemlich weich, da hätte ich noch Vlieseline H640 oder sowas draufgepappt. Sind aber beides sehr schöne Materiale und die Farbauswahl bei Snaply ist grandios.
Zum neuen Rucksack sollte es auch einen neuen Geldbeutel geben. Den habe aber ich genäht, eine kleine Machwerk "Grete", aussen aus grauem Snappap. Ich hatte noch nie mit Snappap gearbeitet und bin sehr gespannt, wie gut es hält. Nähen lässt es sich toll, Wenden war eher so mittel...
Um es etwas geschmeidiger zu machen habe ich es geknüllt und gerollt so gut es ging. Reissen lässt es sich ja wirklich nicht, aber die Nadellöcher können es dann doch ziemlich perforieren.
Es ist meine dritte Grete, ich habe schon zwei große genäht. Das Nähen geht echt gut und flott von der Hand, zwei Stunden habe ich gebraucht. Mehr Respekt habe ich vorm Zuschneiden, da darf man ja nichts falsch machen. Finde ich mega anstrengend.
Und wenn man dann alles zusammen gerackert hat denkt man jedesmal, wie soll ich denn das jetzt wenden, das geht doch garnicht!
Geht doch. Und sieht nach etwas Bügeln sogar ganz gut aus. Das Futter ist blaues Leinen vom Münsteraner Stoffschrottplatz, das Etikett hab ich Versehen mit ausgeschnitten und es lässt sich nicht lösen. Das ist dann die persönliche Note ;-)
Voila, Julius neuer Geldbeutel. Den durfte er jetzt mit Urlaubsgeld gefüllt mit an die Ostsee nehmen.
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