16.1.12

Das Näh-Fragezeichen Nummer 22

22. Den "Kopfkleiderschrank" verwirklichen!
Wie siehst du eigentlich, d.h. in deinen Träumen, in deiner Vorstellung von Dir aus? Welche Kleidungsstücke könntest du nähen, um dieser Vorstellung von Dir, wie du gerne sein möchtest, näher zu kommen? Was hält dich ggf. davon ab?

Uih, das ist ja echt eine interessante Frage, weil sie unter Umständen ein bisschen ans Eingemachte geht. Zuerst wollte ich sie auch garnicht beantworten, aber eigentlich hab ich nix zu verbergen.

Im Großen und Ganzen bin ich mit mir im Reinen, sicher auch ein positiver Aspekt wenn man nicht mehr ganz jung ist. Irgendwann hab ich mal festgestellt, daß ich nicht die einzige bin, die für sich selbst gefühlt immer auf der Suche nach dem Stil ist, der dann die eigenen Vorstellungen erfüllt. So dieses : Wenn ich erst jeden Tag ein Kleid trage/hochhackige Schuhe anziehe/nie mehr Jeans und Pulli anziehe, dann... Das lässt sich ja in alle Bereiche fortsetzen, wenn ich erst abgenommen habe/eine andere Brille trage/endlich regelmässig Sport mache usw... Der innere Schweinehund kann einen von vielem abhalten.
Aber dazu gibt es zwei weitere Erkenntnisse, zum einen geht es einem tatsächlich erstmal besser, wenn man solche Vorhaben umsetzt, egal wie lange man sie aufgeschoben hat, zum anderen ändert sich aber nicht zwangsläufig wirklich langfristig etwas dadurch, also, man kommt nie an einem Ziel an an dem man sagt, so jetzt ist alles so wie ich es wollte. Widersprecht mir, wenn ihr es anders seht, aber je länger ich drüber nachdenke umso mehr finde ich, der Weg ist das Ziel.

Komischerweise begegnet man ja in jeder Altersstufe Leuten, die stilistisch eine Art Vorbild darstellen, für mich meist weil sie ihr Ding einfach durchziehen und sie, obwohl sie auffallen, sehr autentisch rüberkommen. Und das ist nie eine Frage des Geldes, ich hab da ein paar Bekannte im Kopf die mit den abstrusesten Secondhand-Sachen einen erstaunlich stimmigen Eindruck vermitteln der einfach super passt. Ich sollte mal die Gelegeheit nutzen, so jemanden zu fragen, ob er(sie) sich eigentlich auch einen Kleiderschrank erträumt, einem Stilvorbild nacheifert, vielleicht schon?

Was ich selber für eine Wirkung hatte oder habe weiss ich nicht. Ich habe schon als Teenager viele Klamotten selbst genäht und da war auch manches dabei, was ziemlich auffiel, in dem ich mich aber superwohl gefühlt habe, weshalb mich das nicht gestört hat. Ich trug z.B. eine Weile fast täglich eine Sarouel-Hose (also so eine Hose im orientalischen Stil mit vielen Bundfalten und einem Schritt etwa auf Kniehöhe, krass, wenn ich daran denke...). Der Schnitt war damals aus einer Carina, sie war schwarz, bequem und passte meiner Meinung nach zu allem. Dann gab es da später eine weisse Lieblings-Bluse, genäht aus einem alten Bettlaken, mit einen bauschigen Schalkragen an dessen Rand die alte Häkelkante des Bettlakens sass. Leider gibt so ein alter Stoff dann irgendwann mal auf, sonst würde ich die vielleicht heute noch lieben... In meiner Studienzeit hatte ich mehrere weite Hosen aus weichen Viscose-Blümchenstoffen. Dazu Stiefeletten, weisse Bluse, das war mein Lieblingsoutfit. Kaufen konnte man solche Sachen damals glaub ich nicht, aber komisch kam ich mir nicht vor. Aber da ist so eine Musikhochschule natürlich praktisch, bunte Typen allüberall...

Wieder zurück zu heute:
Ich wäre gerne ein paar Kilo leichter, da bin ich nicht allein mit dem Wunsch, das war aber immer schon so, obwohl ich nie wirklich dick war (das dicke Paulinchen war meine Katze, nicht ich!). Schon zu Teenagerzeiten passte ich nicht in die allseits verbreitete Levis 501 und kam mir dadurch unförmig vor, dabei habe ich einfach nur "zu weibliche" Hüften.
Ein paar Pölsterchen, die nach den Schwangerschaften geblieben sind (ist ja irgendwo Veranlagungssache) hätte ich gerne weniger. Aber großartig unwohl fühle ich mich damit nicht. Es gibt ein paar Dinge, die mir gefallen, aber die meiner Figur halt nicht stehen, dünne Bleistiftröcke z.B., die sogern z.B. bei B*rda gezeigten und genähten Sackkleider, die ab Größe 40 aufwärts leider nur wie Nachthemden aussehen, aber auch so nette Sachen wie Empirekleider mit Puffärmeln und alles rüschige, verspielte, mädchenhafte. Auch alles superbunte, was grade in den Blogs gerne gezeigt wird, Mustermix mit Bändchen und Applikationen überall, als Tasche ja, aber als Klamotte, neinnein, das ginge nicht... Ich schau es gerne an, finde es wunderschön, hab aber inzwischen kapiert, daß es nicht geht, passt nicht, steht mir nicht, seh ich verkleidet drin aus, fühl mich nicht wohl darin.

Umso mehr find ich den neuen Retrotrend klasse, solche Kleider kann jede tragen, das war ja grad das tolle damals, daß man da noch Frau sein durfte und nicht seine ganz normalen Hüften verfluchen musste. Ich kann hier jetzt keine Bilder von Stilikonen zeigen, denn ich habe niemand konkreten im Sinn, aber neulich beim x-ten "Der Doktor und das liebe Vieh" gucken (Lieblingsbeschäftigung beim Kranksein) habe ich zum ersten Mal permanent Helen (Carol Drinkwater) und ihre Kleider angeschmachtet. Die Serie spielt in den 40er Jahren, da ist jedes noch so alltägliche Outfit, was die sehr nett ausgestattete Serie wie ich finde, zeigt, ein Hingucker. Insofern wäre das mein vielleicht durchaus realistischer Kopfkleiderschrank, mehr Kleider, mehr Alltagsschick, mehr selbstverständlich weibliches.

Zu meinen Glück kann ich ja im Job so ziemlich alles tragen, solange es schwarz ist. Die Kleiderordnung für Sinfoniekonzerte z.B. ("Herren im Frack, Damen entsprechend") lässt einiges zu. An bequemen Tagen geht da auch eine feine Hose und ein besseres Top, kann man ja bisschen aufmotzen, aber eigentlich wäre ein schönes Abendkleid "entsprechender", das lässt also alle Wünsche nach "Prinzessinentagen" zu. Wie gesagt, muss halt schwarz sein.

Abgesehen davon bietet die Umgebung des Theaters den Rahmen sich von vielen Paradiesvögeln und Bühnenkostümen umgeben ziemlich frei anzuziehen wie man mag. Blicke ist man als Musiker auch gewöhnt, ich habe da eigentlich die besten Vorraussetzungen, anzuziehen was ich will, also abhalten tut mich vom Retrokleid-Alltag nur, daß ich noch nicht soviele habe.

Schwieriger finde ich es hier in der Kleinstadt umzusetzen, die "Mama-Uniform" Chucks, Jeans und buntes Jersey-Top kann ich persönlich eigentlich nicht mehr sehen, aber wenn es mal schnell gehen muss (wie fast immer...)? Das ist auch was, was mich abhält, morgens um 7 fang ich nicht an mit Kleidchen und aufbrezeln.

Ich war neulich mal in München und bin in für Kleinstadt normalen Klamotten (also eben Chucks und Jeans und weissnichtwasnoch, hier hätte ich mich damit hier absolut ok angezogen gefühlt) in die Stadt getigert und fand mich unglaublich deplaziert, Provinz-Touri hoch 3, ich war richtig erstaunt wie schnell man sich da nicht wohl fühlt...
Eigentlich finde ich es ja schon wieder albern, daß sowas äusserliches einen dann so beeinflusst, aber es gibt einfach große Unterschiede im Stil der Städte bzw. Stadt/Land. Man wird einfach sehr beeinflusst durch das was die Umgebung trägt, das ist glaub ich das größere Problem, garnicht der Mut, mal was schönes anzuziehen, sondern der Kontrast zu den anderen.

Langer Text, keine Bilder, danke fürs Lesen!
Die anderen findet ihr hier, ich hab alles mit Spannung gelesen.
Danke auch an Meike für die tolle Idee.

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