30.3.13

Annas Abiballkleid



Neulich fragte mich eine gerade abiturabsolvierende Chorfreundin, ob ich ihr ein Abiballkleid nähen könnte. Sie wusste ziemlich genau, wie es aussehen sollte, konnte aber so ein Kleid nirgends finden. Wer von uns Selbernäherinnen kennt diese Frage nicht. Meine Standardantwort im Falle von netten Leuten lautet: Nö, aber ich helf dir gern wenn Du es machen willst. Anna ist eine Frau der Tat und hat sofort zugesagt (da war sie die erste!).
Sehr hilfreich war, dass sie wirklich eine genaue Vorstellung vom Kleid hatte. Schnitt, Material und Farbe hatte ich mit zweidrei Clicks geklärt und fand die Idee selbst auch schön und zudem umsetzbar, Anna hatte zwar noch nie an einer Nähmaschine gesessen, aber mit Hilfe und Geduld würde das schon was werden.
Ausgesucht hatte sie sich ein ärmelloses Kleid im 50iger-Stil mit knielangem Tellerrock, sowas gibt es irgendwo bei Dawanda in schwarz mit petrolfarbenem Satinstreifen auf dem Rock. Sie wollte es genau umgekehrt, petrolfarbener Satin, schwarze Streifen und außerdem sollte in den Rücken ein Stück Spitze eingesetzt werden.
Bei Burda habe ich diesen Schnitt (7308-V) gefunden, am Oberteil haben wir den Arm- und Halsausschnitt ein bisschen verändert und den Rock einfach verlängert.
Der Satin ist von Stoff und Stil, der Partysatin von da ist zwar nicht die billigste Variante aus dem I-net, aber er ist schön stabil und nicht so superfliessend, das macht ihn anfängertauglicher. Und die Farbe war perfekt (dunkle jade). Die anderen Zutaten wie Satinbänder, Reißverschluss und Garn haben wir auch dort bestellt, nur die Spitze war leider ausverkauft, die musste von woanders besorgt werden.
Am ersten Tag haben wir aus Futterstoff das Oberteil genäht und anprobiert, danach das Gleiche aus Satin und zusammengesetzt. Das sah schonmal sehr vielversprechend aus und somit war das schwierigste geschafft, Prinzessnähte vorne und hinten, insgesamt 8 Stück, puh!


Das Aufstecken der Satinbänder auf den Rock hat Anna dann Zuhause gemacht, viel Zeit hatten wir nicht mehr. Außerdem war die Spitze noch nicht angekommen, es wurde spannend! Noch drei Tage bis zum Ball und ich hatte dummerweise viel Dienst, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Während Anna bei mir im Nähzimmer die zahlreichen Meter Satinbänder aufnähte, fischte ihre Schwester die endlich eingetroffene Spitze aus dem heimischen Briefkasten und wurde mit einer Tafel Schokolade bestochen, den Umschlag per sofortigem Fahrradtransport hier abzuliefern. Was tut man nicht alles bei so einer Belohnung!
Den Reißverschluss habe ich dann eingenäht, aus Zeitersparnisgründen, Anna hätte das schon auch selber hingekriegt. Rock ansetzen, Saum einfassen, letzte kleine Näharbeiten. Und dann sollte in das fertige, heile Kleid noch die Spitze rein. Uihhh, das war nicht ohne, es kam mir vor wie bei einer OP, die Schere ansetzen und reinschneiden, in ein gerade fertiggestelltes Kleid...



Das Einsetzen hat trotz meiner Zweifel gut geklappt, die Spitze hatte an einer Seite diese nette Bogenkante, die wir einfach mit der Schere ausgeschnitten haben, und sie war zum Glück nicht so stark dehnbar, das liess sich gut nähen und gab dann eingesetzt nicht nach. Anna musste jetzt nur noch das Futter von Hand am Spitzeneinsatz, am RV und an der Taille gegennähen.



Am Tag des Balls kam sie mit dem fertigen Kleid, wunderbar war es geworden! An einer Stelle war das Futter zu straff angenäht, das ließ sich schnell korrigieren, außerdem hatte ich noch einen Gürtel genäht bei dem die Spitze nochmal vorkam. Auf dem Foto sieht man noch die provisorische Stecknadel, ich hab dann Klett draufgenäht als Verschluss.
Den dazugehörigen Petticoat hatte sie gekauft, der war allerdings so bauschig, dass wir eine Tüllreihe einfach mit der Schere rausgeschnitten haben. Jetzt war alles perfekt!
Und sie war so stolz auf ihr Kleid! Und ich auch...! Es war überhaupt so schön, während dem Nähen die ansteigende Euphorie zu sehen, je mehr man erkennen konnte, dass das Kleid genauso wurde, wie gewünscht. Die kennen wir ja alle nur zu gut, gelle!?
Später hat sie mir erzählt, sie hätte seeeehr viele Komplimente bekommen, sich super wohl gefühlt und eine Mitschülerin hätte sogar gesagt: Hä? Ich dachte,wolltest Dir dein Kleid selbst nähen?
Ich finde, sie hat das wirklich sehr, sehr gut gemacht! Sie hatte viel Geduld und Durchhaltevermögen, auch wenn's gut klappt muss man doch ab und an was auftrennen und das Aufnähen von den Bändern dauert ja schon Stunden...Ein absolut unterstützenswertes Talent!

11 Kommentare:

  1. Wow, ein Abiballkleid als erstes Nähwerk?! Respekt!

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  2. Der Oberhammer.... aber mit so einer Unterstützung.
    Superschön geworden, hat denn eine Ansteckung für weitere Projekte schon stattgefunden?

    Lg Elke

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  3. Ich kenne das, die Leute denken, das ist mal eben so ratzifatzi genäht und wissen nicht, was da für ein Aufwand dahintersteht. Vor allem auch die Anpassung bei Kleidungsstücken. Deshalb ist das auch meine Standardantwort. Bisher hat sich bei mir auch noch niemand gemeldet ;-)
    Das Kleid ist toll geworden und ihr könnt beide stolz auf euch sein. Eine geduldige Lehrerin zu sein ist auch nicht immer einfach.
    LG und schöne Ostertage!
    Lotti

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  4. Großartig!
    Herzlichen Glückwunsch zu dem schönen Kleid der Näherin und der Anleiterin!
    Gruß Mema

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  5. Toll, das habt ihr echt gut zusammen hingekriegt. Ich bekomme diese Anfragen ja auch ab und zu, und Deine Antwort ist echt klasse. Bewundernswert auch, dass deine Schülerin gleich wusste, wie ihr Kleid werden sollte, das erleichtert das ganze ja ungemein. Einige werden ja schon allein davon abgehalten, für einen Schnitt auch noch Geld bezahlen zu sollen. Hast Du gut gemacht, Katharina, ihr gleich die ganze Bandbreite, was es heisst zu nähen, aufzuzeigen, und wenn sie dann so begeistert war, macht sie bestimmt weiter und ihr könnt demnächst während der Probenpausen faschsimpeln.
    Schöne Ostern wünscht Wibke

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  6. Es ist wunder wunder wunderschön. Vielen Dank dass du uns die ganze Geschichte zum Kleid erzählt hast. Es ist ein Traum, mir gefällt es sehr. Das würde ich mir auch aussuchen wenn es das zu kaufen gäbe. Ich glaube selber nähen würde ich es nicht (gut, unter so fachkundiger Anleitung vielleicht doch :))

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  7. Das ist wirklich ein ganz tolles Kleid geworden. Ganz herzliche Gratulation! Es passt perfekt und sieht wirklich aus wie gekauft. Da könnt ihr sehr stolz sein!

    Herzliche Grüsse Kabueki

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  8. Total süß!!!
    Und die Idee mit der Spitze im Rückenausschnitt ist toll!
    Gratulation an alle Beteiligten!!! :)))

    Lieben Gruß
    dani

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  9. Das ist eine wunderbare Geschichte, danke, dass Du sie hier teilst. Gratulation an die Lehrerin und die Nähschülerin, das erste Stück gleich ein Meisterwerk, das ist ganz großes Kino! LG Kuestensocke

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  10. Hi, hab grad deinen Blog entdeckt und finde die Story ganz entzückend! Ich weiß auch nie, wie ich reagieren soll, wenn mich jemand fragt, ob ich ihm schnell mal (?!) was nähen kann - da finde ich die Idee, ihm dabei zu helfen toll! Danke dafür und für die nette Geschichte zum Kleid. Alles Liebe, Jenny

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  11. Was für ein ambitioniertes Einsteigerprojekt! Ich gratuliere allen Beteiligten, es ist wirklich sehr schön geworden.
    LG, Bele

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